Hippocampus:Wie räumliches Lernen funktioniert

RUB-Forscher untersuchen die Rolle des Hippocampus bei der Orientierung

Um sich im Raum zurechtzufinden haben Ratten eine Art mentale Karte im Kopf. Neurowissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum haben jetzt untersucht, wo genau sich diese Karte bildet und erforschten dazu die Aktivität im Hippocampus der Tiere.

„Wir haben uns mit zwei Theorien zur Verarbeitung von visuellen Informationen im Hippocampus beschäftigt und konnten durch unsere Daten Belege für beide finden“, erklärt Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan. Die Neurophysiologin hat sich auf die Erforschung dieses speziellen Teils des Gehirns spezialisiert.

Die RUB-Forscherin konnte mit Hilfe der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung nachweisen, dass der Hippocampus von Ratten bei der Orientierung in verschiedene funktionelle Abschnitte gegliedert ist. Ihre Ergebnisse liefern damit die empirischen Beweise für zwei Theorien über die visuelle Orientierung, die seit längerem in den Neurowissenschaften diskutiert werden.

Seepferdchen im Kopf

Der Hippocampus ist Teil des Großhirns und vor allem an der Bildung des Gedächtnisses und dem räumlichen Lernen beteiligt. Er heißt so, weil er beim Menschen so aussieht wie ein Seepferdchen (griech. hippokampos). Der aufgerollte Schwanz des Seepferdchens heißt „Gyrus dentatus“ während die anderen Segmente mit den Buchstaben CA 1- 4 gekennzeichnet sind. Für eben diese Abschnitte hat Manahan-Vaughan untersucht, welche Rolle sie bei der Orientierung im Raum spielen.

Dazu beobachtete sie, wie sich die Versuchstiere in zwei verschiedenen Räumen bewegten und wertete im Anschluss aus, was dabei in den Gehirnen der Tiere vor sich ging. Im ersten Raum befanden sich kleine Objekte in speziellen Löchern im Boden. Die Ratten konnten sich also die Lage der Objekte einprägen, aber sie mussten in deren unmittelbarer Nähe sein, um sie sehen zu können. Bei dieser Art der Orientierung stellten die Forscherinnen eine Aktivität in der CA1 Region des Hippocampus fest. Im zweiten Raum standen dagegen große Objekte, die die Ratten von weit weg sehen und als Orientierungspunkte benutzen konnten.

Zwei unterschiedliche Karten

Die spätere Analyse zeigte, dass dies im Gyrus dentatus stattfand. Demnach werden Lageinformationen zu lokalen Informationen in CA1 verarbeitet, während Lageinformationen zur Richtung im Gyrus dentatus aufbereitet werden. Es formen sich also gleichzeitig zwei Karten im Kopf,ein Beweis für die Parallel-Map-Theory von Lucia Jacobs. Erst in der CA3-Region kommen dann beide Informationsströme wieder zusammen und werden zu einer räumlichen Repräsentation zusammengefügt.

In der zweiten These, der Two-Streams-Hypothesis von Mishkin, geht es vor allem darum, dass die visuellen Informationen aus den Augen der Ratten auf zwei getrennten Pfaden im Gehirn verarbeitet werden: Dem „Wo-Pfad“ und dem „Was-Pfad“. Während der eine analysiert, welche Art Objekt die Ratte sieht, verarbeitet der andere Pfad, wo im Raum sich der Gegenstand befindet. Auch für diese These fand Denise Manahan-Vaughan Beweise in der Gehirnaktivität der Tiere. „Unsere Daten zeigen deutlich, dass die CA1 und die CA3 Region auf Informationen aus dem „Was“-Strom ansprechen, während der Gyrus dentatus viel mehr auf „Wo“-Informationen reagiert“, erklärt Manahan-Vaughan.