NETWORK OF EUROPEAN NEUROSCIENCE SCHOOLS:SFB 874 fördert Forschungspraktikum an der EPFL in der Schweiz

Wissenschaftliche Einblicke und Wertschätzung für die RUB-Mensa

Susanne Dyck forscht als Doktorandin seit 2018 an der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum im Bereich Neurotechnologie und ist Mitarbeiterin des Sonderforschungsbereichs 874 (SFB 874). Am Lehrstuhl für Neurotechnologie arbeitet sie unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Klaes an der Schnittstelle zwischen Neurowissenschaften, Neurochirurgie, maschinellem Lernen und virtueller Realität.
Im Sommer 2022 absolvierte die Nachwuchswissenschaftlerin, die vor ihrem Engagement im Ruhrgebiet in Marburg studierte, ein zwölfwöchiges Forschungspraktikum an der „École polytechnique fédérale de Lausanne“ – kurz EPFL – in der Schweiz und erzählt uns im Interview von ihren Erfahrungen.

Susanne, was hat Dich daran gereizt, ein Forschungspraktikum zu machen?

Zum einen wollte ich gerne eine neue Datenanalyse-Methode lernen, die für mein Promotionsprojekt von Bedeutung ist – und zwar von Wissenschaftler*innen, die damit bereits Erfahrung haben. Zum anderen wollte ich dies mit einem Forschungsaufenthalt im Ausland verbinden, um einen Einblick in die Forschung in einem anderen Land zu erhalten. Ich habe mein komplettes bisheriges Studium in Deutschland absolviert, daher war ich sehr gespannt darauf, als Wissenschaftlerin in einem anderen Land zu arbeiten.

Und warum gerade die Schweiz und das Lab von Prof Dr. Friedhelm Christoph Hummel*

Das wichtigste Kriterium war für mich, dass die Arbeitsgruppe eine Expertise in der Methode, die ich lernen wollte, nämlich funktionelle Konnektivitätsanalyse für EEG, aufweisen kann. Ein weiteres „nice-to-have“-Kriterium war es, eine Arbeitsgruppe zu finden, die im Bereich meines Promotionsthemas „Motorisches Lernen“ forscht. Das Hummel Lab hat all diese Kriterien erfüllt und auf der Lab-Website war zudem ein sehr spannendes Projekt ausgeschrieben, bei dem die Methode, die ich lernen wollte, angewendet werden sollte.
Für das Forschungspraktikum habe ich mich dann für den NENS exchange grant beworben, eine Förderung für ein Methodentraining im Ausland. Sowohl die gastgebende als auch die versendende Institution müssen dabei Teil des NENS-Netzwerkes sein.

(*Defitech Chair of Clinical Neuroengineering, Centre for Neuroprosthetics (CNP)& Brain Mind Institute (BMI), Swiss Federal Institute of Technology (EPFL))

Was hast Du genau gemacht in Deinen zwölf Wochen?

Ich habe an einem Datensatz gearbeitet, der innerhalb eines größeren Projektes aufgenommen wurde. Dabei geht es im Großen und Ganzen darum, die Rehabilitation von Schlaganfallpatient*innen durch Therapien, die auf den Einzelnen zugeschnitten sind, zu verbessern. Schlaganfallpatient*innen sind dabei an verschiedenen Zeitpunkten nach dem Schlaganfall untersucht worden: mit kognitiven und motorischen Tests sowie bildgebenden Verfahren wie MRT und EEG. In meinem Teilprojekt habe ich mich auf die „resting-state“ EEG-Messungen (also EEG im Ruhezustand) fokussiert. Das Ziel war es, ein Analyse-Konzept für eine funktionelle Konnektivitätsanalyse dieser EEG-Daten zu erarbeiten, das später auch für weitere Projekte und Daten verwendet werden kann.

 Und was war das Ergebnis Deiner Arbeit?

Ich konnte eine funktionelle Konnektivitätsanalyse für 24 Patienten durchführen. Zudem habe ich noch weitere 16 gesunde Proband*innen untersucht – diese bildeten unsere Kontrollgruppe. Abschließend habe ich mich in die Visualisierung der gewonnenen Daten eingearbeitet. Als ich das Hummel Lab verlassen habe, war das Projekt noch nicht abgeschlossen. Ziel ist es – basierend auf der funktionellen Konnektivitätsanalyse – potenzielle Marker abzuleiten, die Aufschluss über die Rehabilitation motorischer und kognitiver Fähigkeiten von Schlaganfallpatient*innen geben können.

Reichten zwölf Wochen aus oder wärst Du gern noch länger geblieben?

Ich denke, zwölf Wochen waren ein idealer Zeitrahmen. Ich hatte genug Zeit, um mich an die neue Umgebung zu gewöhnen und ein Teilprojekt von Anfang bis Ende durchzuführen. Obwohl es mir im Hummel Lab sehr gefallen hat und auch Genf eine sehr schöne Stadt ist, habe ich mich gegen Ende des Praktikums auch wieder auf meine gewohnte Umgebung gefreut. Außerdem war ich motiviert, das gewonnene Wissen in meinem eigenen Promotions-Projekt auf meine Daten anzuwenden.

Wie war der Kontakt zu den anderen Lab-Mitgliedern?

Sehr gut! Ich wurde sehr freundlich aufgenommen und der Kontakt untereinander war freundschaftlich. Das Büro der Studierenden und Doktorand*innen war ein Open-Space-Büro und auch die erfahrenen PostDoc-Mitarbeiter*innen hatten ihre Büros direkt daneben, sodass ein Austausch quasi jederzeit möglich war – ob über Fun Facts bei einem Kaffee oder über wissenschaftliche Fragestellungen. Mittags sind wir alle zusammen in die Cafeteria essen gegangen, wo man glücklicherweise auch Mitgebrachtes essen konnte, da die Speisen dort mindestens zehn Euro kosten. Der Schweiz-Aufenthalt lässt mich die RUB-Mensa auf jeden Fall sehr wertschätzen!

Was ist Dein Fazit?

Der Forschungsaufenthalt im Hummel Lab war für mich eine sehr positive und wertvolle Erfahrung. Ich habe supernette Menschen und sehr gute Wissenschaftler*innen kennenlernen dürfen und viel gelernt und mitgenommen! Für mich war es ein wichtiger erster Einblick in die Forschung außerhalb von Deutschland.

Und wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus? Weitere Praktika? Mehr Auslandsaufenthalte?

Zunächst konzentriere ich mich jetzt darauf, meine Doktorarbeit abzuschließen. In der anschließenden PostDoc-Phase würde ich gerne für ein Forschungsprojekt ein bis zwei Jahre ins Ausland gehen.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für Deinen weiteren Werdegang!

Interview: Anke Maes, Fotos: Susanne Dyck privat