Studie untersucht Codierung von Erinnerung:Serotonin-Rezeptor steuert Lernen im Hippocampus

Neurowissenschaftlerinnen erforschen Gedächtnis auf Zellebene.

Neurowissenschaftlerinnen an der Ruhr-Universität untersuchen Prozesse im Gehirn, die auf Zellebene für unser Gedächtnis verantwortlich sind. Nun berichten sie im Fachjournal „Hippocampus“, wie ein spezieller Serotonin-Rezeptor im Hippocampus das Speichern und die Codierung von Erinnerungen beeinflusst.

Serotonin-Rezeptor ist Marker für Lernen und Gedächtnis

Bei der Verarbeitung von Information im Gehirn stehen Netzwerke von Nervenzellen über ihre Synapsen in Kontakt. Dabei kommt es bei den meisten Synapsen zu einer biochemischen Signalübertragung. Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter, werden von einer Synapse entsendet und docken an der nächsten Synapse an genau passende Rezeptoren an – wie ein Schlüssel in das passende Schloss. Einer der wichtigsten Botenstoffe im Gehirn ist Serotonin. Das passende Schloss dazu, der Serotonin-Rezeptor 5-HT4, ist für Neurowissenschaftler besonders interessant, denn Studien haben gezeigt, dass er ein wichtiger Marker für Lernen und Gedächtnis ist. Wird der Serotonin-Rezeptor unterdrückt, verschlechtert sich die Gedächtnisleistung bei gesunden Menschen. Bei Patienten mit der Alzheimer-Krankheit wurde zudem ein deutlicher Verlust von Serotonin-Rezeptoren festgestellt. Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan, Leiterin der Abteilung Neurophysiologie an der Medizinischen Fakultät der RUB, hat mit ihrem Team untersucht, mit welchen Mechanismen der Rezeptor Lernen und Gedächtnis im Hippocampus reguliert.

Rezeptor beeinflusst Codierung und Inhalt von Erinnerung

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass diese speziellen Serotonin-Rezeptoren im Hippocampus eine zentrale Rolle spielen, wenn es darum geht, wie Information an den Synapsen codiert wird“, erklärt Prof. Dr. Manahan-Vaughan die Ergebnisse der Studie. Die Neurowissenschaftlerin und ihr Team entdeckten, dass die Serotonin-Rezeptoren eine Codierung von Information durch Langzeit-Potenzierung (LTP) unterstützen. Dabei kommt es in bestimmten Regionen des Hippocampus zu einer langfristigen Verstärkung synaptischer Verbindungen. An anderer Stelle im Hippocampus wird durch die Aktivität des Rezeptors die Langzeit-Depression (LTD), also die langfristige Abschwächung synaptischer Verbindungen, unterdrückt. „Wir glauben, dass LTP und LTD für die Codierung von unterschiedlichen Aspekten einer Erinnerung zuständig sind. Durch die Bevorzugung von LTP kann der 5HT4-Rezeptor möglicherweise den Inhalt unserer Erinnerungen beeinflussen. Wenn man den Rezeptor gezielt fördert oder unterdrückt, wäre es also auch möglich die Konsolidierung oder den Abruf ungewollter Erinnerungen abzuschwächen“, beschreibt Prof. Dr. Manahan-Vaughan die Tragweite der Forschungsergebnisse.