fMRT-StudieMorsecode entschlüsselt Lernprozesse im Gehirn

Forscher am Bergmannsheil Uniklinikum zeigen „adaptive Neuroplastizität“

3-Tesla MRT gibt Einblicke in arbeitendes Gehirn

Forscher am Bergmannsheil Universitätsklinikum haben untersucht, wie sich das Gehirn im Verlauf eines Lernprozesses verhält und welche Bereiche des Gehirns bei verschiedenen Analyse-Aufgaben eine Rolle spielen. Dafür haben sie Studienteilnehmer Teile des Morsealphabets lernen und dekodieren lassen und die entsprechenden Hirnaktivierungsmuster im Magnetresonanztomographen gemessen. So konnten sie zeigen, dass das Gehirn bei verschiedenen Verarbeitungsaufgaben auf ein gemeinsames Netzwerk zurückgreift, das sich im Laufe des Lernprozesses erweitert. In Abhängigkeit von der zu bewältigenden Aufgabe werden zusätzliche Hirnareale rekrutiert – eine Eigenschaft, die die Wissenschaftler „adaptive Neuroplastizität“ nennen. Diese Erkenntnisse werden nun in der aktuellen Ausgabe des Journals „Human Brain Mapping“ vorgestellt.

Morsealphabet für Studie ideal geeignet

Ziel der Forscher an der Neurologischen Klinik des Bergmannsheil (Arbeitsgruppe Neuroplastizität unter Leitung von Prof. Dr. Tobias Schmidt-Wilcke) war es, zu untersuchen, wie sich die Hirnaktivität beim Erlernen einer neuen Fähigkeit entwickelt und auf welche Hirnareale bei verschiedenen Aufgaben zurückgegriffen wird. Als besonders geeignet für eine solche Analyse hat sich das Morsealphabet erwiesen. Noch heute im Funkverkehr angewendet, ist der Morsecode ein System zur Übermittlung von Buchstaben und anderen Zeichen mittels kurzer und langer Signale, sowie Pausen. Für die Studienteilnehmer war das Morsealphabet bisher unbekannt und somit ideal geeignet für die Analyse von Lernprozessen, die dem Erlernen von geschriebener Sprache ähneln. Zudem ermöglicht das Morsen die Anwendung verschieden komplexer Verarbeitungsebenen unter Verwendung derselben Signalfolgen. Im Rahmen der Studie wurden die Teilnehmer in getrennten Durchgängen aufgefordert, sowohl die Länge, als auch die Bedeutung der Signalfolgen zu erkennen.

fMRT-Scans zeigen gemeinsames Gehirn-Netzwerk

Vor und nach der Lernphase wurden die Probanden im 3-Tesla Magnetresonanztomographen (MRT) der Ruhr-Universität Bochum gescannt, während sie Länge und Bedeutung von Morsecodes analysierten. Durch das funktionelle MRT (fMRT), ein bildgebendes Verfahren, das die indirekte Messung der regionalen Blutsauerstoffkonzentration im Gehirn mit statistischen Verfahren kombiniert, erhielten die Neurowissenschaftler einen Einblick in das arbeitende Gehirn. Die Scans zeigen, dass sowohl beim relativ einfachen Erkennen der Signallänge, als auch beim komplexeren Dekodieren der Bedeutung, ein gemeinsames Netzwerk von Hirnarealen aktiv ist. Bemerkenswert ist, dass sich dieses Netzwerk mit dem Erlernen der Morsezeichen erweitert. Ausgelöst durch den Lernprozess wird das Netzwerk um andere Hirnareale ergänzt, auf die je nach Aufgabenstellung zugegriffen werden kann. „Unsere Studie zeigt, dass sich beim Lernen im Gehirn dynamische Netzwerke bilden, die je nach Aufgabenstellung durch weitere Areale ergänzt werden. Wir nennen das „adaptive Plastizität“, erläutert Doktorandin Lara Schlaffke die Ergebnisse.