HIPPOCAMPUS: Forscherinnen suchen nach dem Ursprung der Schizophrenie im Gehirn

Veränderungen zeigen sich schon nach der ersten psychotischen Episode

Die erste Episode einer Psychose gilt als wichtiger Punkt in der Manifestation der Krankheit, jedoch ist bislang wenig darüber bekannt, was dabei auf hirnchemischer Ebene passiert. Die beiden Neurowissenschaftlerinnen Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan und Dr. Valentina Dubovyk vom Lehrstuhl Neurophysiologie an der Ruhr-Universität Bochum konnten im Tiermodell zeigen, dass sich die Expression bestimmter Neurotransmitter im Gehirn direkt nach Einsetzten der Psychose und im längeren Krankheitsverlauf verändert. Sie publizierten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Frontiers in Behavioral Neuroscience.

Schlüsselfaktoren bei der Entwicklung einer Psychose

Auf die erste Episode einer Psychose folgt die Stabilisierung des Krankheitszustandes. Fehlfunktionen im Regelkreislauf der beiden Botenstoffe Glutamat und GABA (englisch: gamma-Aminobutyric acid) im Hippocampus – einem der wichtigsten Verarbeitungszentrum für sensorische und kognitive Informationen – gelten als Schlüsselfaktoren bei der Entwicklung einer Psychose. Die beiden Neurowissenschaftlerinnen von der RUB haben deshalb genauer untersucht, wie sich die Expression der Rezeptoren dieser Botenstoffe im Krankheitsverlauf verändert.

Manahan-Vaughan und Dubovyk verwendeten für ihre Untersuchung ein Tiermodell, bei dem die Symptome denen einer Psychose beim Menschen gleichen. Die Forscherinnen überprüften, wie sich die Expression und Verteilung von metabotropen Glutamatrezeptoren (mGlu1, mGlu2/3 und mGlu5) und GABAergen Rezeptoren eine Woche und drei Monate nach der ersten Psychose-Episode im Hippocampus der Tiere veränderte.

Sie stellten fest, dass sich kurz nach Einsetzen der Symptome eine rapide Veränderung bei der Expression der Rezeptoren zeigte, die eine Reduktion der Erregbarkeit der Nervenzellen im Hippocampus zur Folge hatte. Diese wandelt sich mit zunehmender Zeit jedoch in eine gesteigerte Erregbarkeit der Nervenzellen um, die mit einer weiteren Veränderung in der Expression von Neurotransmittern zusammenhängt. Diese Hippocampus-spezifischen Veränderungen tragen wahrscheinlich dazu bei, dass sich die Psychose entfaltet und stabilisiert, so schreiben die Autorinnen in der Studie.

Veränderungen zum Krankheitsbeginn stellen Weichen für späteren Verlauf

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Gehirn zu Beginn der Psychose eine Anpassungsreaktion zeigt, die sich im Verlauf der Erkrankung dann umkehrt.“, erklärt Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan. „Diese erste Anpassungsreaktion könnte das Gehirn anfälliger dafür machen, dass sich die Krankheit festsetzt“, so Manahan-Vaughan.