Spannungssensible Farbstoffe:Gedanken leuchten lassen

RUB-Forscher untersucht Bewegung im Gehirn

Wie nimmt das Gehirn Bewegungen wahr? Diese Frage untersucht PD Dr. Dirk Jancke an der Ruhr-Universität Bochum mit einem speziellen optischen Verfahren. In einer Sonderrubrik der Fachzeitschrift „Neurophotonics“ beschreibt Jancke die Erkenntnisse, die er dank spannungssensibler Farbstoffe erzielen konnte, und ehrt gleichzeitig Prof. Amiram Grinvald – einen der wichtigsten Forscher auf diesem Gebiet.

Wenn die Spannung steigt

Dem Neuroinformatiker Dirk Jancke geht bei seiner Forschung regelmäßig ein Licht auf und das nicht nur im übertragenen Sinn: Er verwandelt in seinem Labor die Aktivität von Gehirnzellen in Licht. Dazu nutzt der Wissenschaftler fluoreszierende Farbstoffe mit einer speziellen Eigenschaft: Sie reagieren auf die Änderung von elektrischer Spannung in ihrer Umgebung, indem sie stärker oder schwächer leuchten. Wird also eine Zelle im Gehirn aktiviert, so steigt die elektrische Spannung über der Zellmembran und der Farbstoff fluoresziert stärker. Das bildgebende Verfahren mit den spannungssensiblen Farbstoffen nennt sich „Voltage-Sensitive Dye Imaging“ oder kurz VSDI. Seine Entdeckung ebnete den Weg zu vielen neuen Erkenntnissen in den Neurowissenschaften. „Spanungssensible Farbstoffe ermöglichen uns die zurzeit beste raumzeitliche Auflösung für unsere Beobachtungen. Das heißt, man kann damit einen größeren Teil des Gehirns gleichzeitig in Millisekunden betrachten.“, so Jancke.

Forschung an optischen Illusionen

Den Umgang mit VSDI lernte der Neurowissenschaftler während seiner Zeit als Postdoktorand im Labor von Prof. Amiram Grinvald am Weizmann Institute of Science in Israel. „Er ist einer der Pioniere in der Arbeit mit spannungsabhängigen Farbstoffen. In meiner Zeit als Postdoc in seinem Labor habe ich sehr davon profitiert.“, so Jancke. Am Weizmann-Institut konnte Jancke mithilfe von VSDI beobachten, wie sich eine Erregungswelle in der visuellen Großhirnrinde ausbreitet, wenn das Gehirn Bewegungen verarbeitet. Statt einer echten physikalischen Bewegung setzte Jancke damals auf eine optische Täuschung, die die Bewegung nur simulierte. Seine Forschung an solchen Illusionen führt er heute im Optical Imaging Lab an der Ruhr-Universität Bochum fort und konnte seine vorherigen Erkenntnisse bestätigen. So stellte Jancke beispielsweise fest, dass das Gehirn einen schnellen Kontrastwechsel an Konturen als Bewegung interpretiert. Das passiert, weil die Information für einen Lichtwechsel von Hell nach Dunkel schneller verarbeitet wird, als die Information für einen Wechsel von Dunkel nach Hell. So entsteht eine asymmetrische Erregungswelle zwischen benachbarten Orten im Gehirn, die man durch VSDI sichtbar machen kann. Jancke ist gespannt, welche Vorgänge in neuronalen Netzwerken er zukünftig mit spannungssensiblen Farbstoffen beobachten kann, und glaubt, dass optisch-basierte Verfahren noch viele weitere Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns ermöglichen werden.