FÖRDERUNGSENDE:Zwölf Jahre erfolgreicher Arbeit rund um „Integration und Repräsentation sensorischer Prozesse“

Sonderforschungsbereich 874 an der Ruhr-Universität Bochum nimmt Abschied mit großer Abschlusskonferenz

Die Fragestellung bedeutungsvoll, die Ergebnisse erkenntnisreich – das Team des Sonderforschungsbereichs 874 „Integration und Repräsentation sensorischer Prozesse“ arbeitete so intensiv und erfolgreich, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ihre Förderung immer wieder verlängerte: Erst von vier auf acht – und schließlich auf zwölf Jahre. Ende Dezember 2022 ist nun die maximal mögliche Förderdauer erreicht und die Arbeit des SFB 874 endet. Zeit, um Abschied zu nehmen und Resümee zu ziehen: Zur großen Abschlusskonferenz des SFB am 30. November 2022 kamen rund 100 Teilnehmer*innen an die Ruhr-Universität Bochum.

Gedächtnisbildung und Kognition besser verstehen

Ein wenig Wehmut und ganz viel Stolz lagen in der Luft, als der SFB 874 offiziell verabschiedet wurde. Unter den Teilnehmer*innen der Konferenz fanden sich neben den aktiven Mitgliedern auch viele Ehemalige, die den SFB in der ersten oder zweiten Förderperiode unterstützt hatten. Seit 2010 hatte sich der SFB 874 an der Ruhr-Universität dem Thema „Integration und Repräsentation sensorischer Prozesse“ verschrieben. Zielsetzung war es, eine systemorientierte neurowissenschaftliche Strategie anzuwenden, um wesentliche Aspekte der sensorischen Verarbeitung in Erinnerung und kognitiven Handlungen zu erforschen.

„Sehen, schmecken, riechen, hören und fühlen – Sinneseindrücke erfahren alle Lebewesen – jederzeit und überall“, erläuterte Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan, Sprecherin SFB 874: „Durch die Forschungserfolge unseres interdisziplinären Teams verstehen wir nun viel besser, wie diese sensorischen Signale in der Folge verarbeitet werden und zu komplexem Verhalten sowie Gedächtnisbildung führen.“

Herausragende Wissenschaftler*innen mit brillanten Ideen

Während der Begrüßung der Teilnehmer*innen betonte auch der Rektor der Ruhr-Universität Bochum, Prof. Dr. Dr. h.c. Martin Paul, welchen Beitrag der SFB 874 zur herausragenden Stellung der Ruhr-Universität im Bereich der Neurowissenschaften geleistet hat. Zudem hob er das Engagement der SFB-Sprecherin hervor, die es zwölf Jahre lang bravourös gemeistert habe, brillante Ideen zu kanalisieren, zu bündeln und zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzuführen.

Auf dem Konferenz-Programm standen neben den Vorträgen der aktuellen SFB-Mitglieder auch externe Beiträge von Prof. Dr. Christian Bellebaum (Universität Düsseldorf, „Sensory processing and cognition: From agency to semantic memory“), Prof. Dr. Matthew Larkum (Charité – Universitätsmedizin Berlin, „The semantic memory loop“) und Prof. Dr. Heiko Luhmann (Universitätsmedizin Mainz, „How early activity shapes a developing network“).

Doktorand*innen-Ausbildung auf neues Level gehoben

So manches Thema wurde in den Pausen an den Präsentationsständen der einzelnen Teilprojekte noch einmal vertieft und durch die betreuenden Doktorand*innen des SFB 874 näher eingeordnet. Denise Manahan-Vaughan wies in diesem Zusammenhang auf einen weiteren Fokus der vergangenen zwölf Jahre hin: „Mit unserer Integrative Research Training Group, die unter dem Dach der International Graduate School of Neuroscience geführt wurde, haben wir die Ausbildung der Doktorand*innen auf ein neues Level gehoben. Zum Beispiel haben wir internationale Konferenzen organisiert, die von den Doktorand*innen konzipiert wurden, Karriere-Workshops für Neurowissenschaftler*innen angeboten und dabei auch explizit die Arbeitswelt außerhalb der Wissenschaft mit im Blick gehabt. Daraus können wir viele Ideen für die Zukunft mitnehmen und mittlerweile sind einige unserer ehemaligen Nachwuchsforscher*innen bereits Professor*innen und renommierte Forscher*innen.“

Best Practice-Beispiel im Bereich Öffentlichkeitsarbeit

Auch im Bereich der Außenwirkung setzte der SFB 874 neue Maßstäbe: Sein Teilprojekt ‚Öffentlichkeitsarbeit‘ war 2012 eines der ersten in Deutschland und wurde zu einem Best Practice-Beispiel der Deutschen Forschungsgemeinschaft. „Wir haben den Brain Day aus der Taufe gehoben, zu dem jedes Jahr die interessierte Öffentlichkeit an die Ruhr-Universität strömt und der seit 2010 so bereits rund 4000 Besucher*innen erreicht hat. Unsere Mal- und Schreibwettbewerbe für Bochumer Schüler*innen finden inzwischen sogar Nachahmer in Australien! Das monatliche Brain Café hat hunderten Neurowissenschaftler*innen an der Ruhr-Universität Gelegenheit gegeben, den Menschen ihre Forschung zu erklären“, erläutert Denise Manahan-Vaughan.

Förderung von Frauen in den Neurowissenschaften

Im Jahr 2019 initiierte die SFB-Sprecherin zusammen mit SFB-Koordinatorin Dr. Sabine Dannenberg die Karriereplattform Neuronexxt. Das „Network for Women in Neuroscience“ erhöht seitdem die Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen in der neurowissenschaftlichen Forschung und geht gegen die Benachteiligung von Frauen in der Wissenschaft vor.
„In den zwölf Jahren SFB 874 sind fantastische Projekte zusammengekommen“, schließt so Denise Manahan-Vaughan. „All das funktioniert nicht ohne ein großartiges wissenschaftliches und administratives Team – und damit konnten wir zu jeder Zeit punkten.“

Und so ist der SFB 874 ab 2023 zwar Geschichte, hat aber durch seine Erkenntnisse zum Thema Gedächtnisforschung und zahlreiche zukunftsweisende Projekte das beste Grundgerüst gelegt, um der Wissenschaft selbst nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben.

Foto: RUB, Marquard